Gemeinsam fahren dann die Pfingstochsen, in der Regel sind es so zwischen 15 und 25 Leute, auf dem Hänger sitzend in
einen Wald um junge Birken zu schlagen, die dort die anderen Bäume im Wachstum behindern (wächst wie Unkraut das Zeug). Du leistest also - zumindest einmal im Jahr - auch einen Beitrag zum Umweltschutz.
Das wichtigste Werkzeug auf dieser Fahrt sind die Äxte. OK, auch zum Bäume schlagen, aber in
erster Linie um das auf der Fahrt reichlich fließende Bier aufzubekommen. Der Fahrer bleibt natürlich nüchtern, alle anderen natürlich nicht...!
Eine Axt tragen, und damit Bäume schlagen, darf aber nur das älteste Drittel der Pfingstochsen – dies sind die Schläger. Die anderen
dürfen die Bäume aus dem Wald zum Hänger ziehen – eben die Träger. Das birgt manchmal Konfliktpotential, weil es schon Schläger unter den Alten gab die den Baum nach 25 Schlägen immer noch nicht gefällt
hatten (Typ Zwischen-Den-Zehen-Abtrockner) und manche Träger unter den Jungen aus Frust (da ohne Axt)
die Bäume einfach mit der Hand ausgerissen haben (Typ Axt-Ansonsten-Zum-Loch-In-Eis-Hauen-Und-Darin-Baden-Braucher). Aber das ist echt unwichtig. Meist läuft alles reibungslos und die ca. 120 benötigten
Bäume sind schnell beschafft.
Anschließend geht es dann mit den Bäumen über Umwege zurück nach Horburg. Die Umwege sind wichtig, da der Getränkevorrat jetzt meist
schon erschöpft ist. Daher wird an ein paar Kneipen angehalten, wo es für ein Grand-Prix reifes Trällern von ”Der Mai ist gekommen, die Bäume
schlagen aus...” und ähnlichen Glanzlichtern deutschen Liedgutes ein Fläschchen harten Stoff geschenkt gibt - der dann auf dem Wagen dankend geleert wird. Im übrigen wird auf der ganzen Fahrt viel
gesungen und gegrölt. Deine Stimme ist über Pfingsten vermutlich hin, also nicht vorher irgendwo zum Karaoke anmelden.
In Horburg angekommen wird dann für jeden Haushalt ein Baum (respektive Maibusch,
Pfingstbusch) an den Zaun oder ans Haus gebunden. Dafür gibt es als Belohnung von den Eigentümern meist Geld. Von diesem Geldbetrag - es kommt immer ein stolzes Sümmchen zusammen – wird vorher reichlich
Grillfleisch und Wurst, Brot und Flüssiges gekauft. Nach dem Austragen der Bäume in Horburg geht es nämlich zum Pfingstplatz. Die Location wurde im Laufe
der Jahre immer wieder gewechselt, zur Zeit ist sie hinter der Firma Meyer & Co., vor dem Bolzplatz. Dort findet der längste Teil der ganzen Aktion statt: Das Feiern. Hier steht dann ein Zelt, es
gibt ein Lagerfeuer, einen Grill und für Musik ist auch gesorgt. (Eine Woche vor Pfingsten treffen sich die Ochsen zur Platzvorbereitung.) Die Fete geht bis in die frühen Morgenstunden. Wer vor 400 Uhr morgens abhaut gilt schon als Weichei. Es sei denn er ist so breit, dass er zu seiner eigenen Sicherheit besser nach Hause gebracht wird. Manche Typen kommen aber nach einer halben Stunde wieder aus dem Bett zum Platz gekrochen, oder wie war das Christian...?!
Das letzte Highlight ist das sogenannte ”Scheißebauen” (...heißt nun mal so!). Dieses findet mitten in der Nacht statt, die
Teilnahme ist freiwillig, viele sind wegen Alkoholpegel eh nicht mehr dafür zu gebrauchen.
Hierbei gehen die hartgesottensten Pfingstochsen ins Dorf und treiben allerlei Unfug. Hierzu zählt das Ausbauen und Wegtragen von Gartentoren und ähnliche Scherze. Die Pfingstochsen haben einmal jährlich diesbezüglich Narrenfreiheit.
An einigen Häusern ist es besonders interessant, da dort die Eigentümer aus Angst Wache halten. Zu meiner Zeit hat einer von uns
einen mit der Pferdepeitsche übergezogen bekommen...! Diese Aktion dauert so ca. eine Stunde, dann wird wieder zum Platz gegangen und weitergefeiert.
Da es meist sehr viel trink- und essbares gibt wird am Pfingstsonntagabend eine Nachfeier durch- geführt. Es soll schon Leute gegeben
haben die aus den zwei gleich eine Feier gemacht haben. Sie haben dann einfach ein paar Stunden am Feuer geschlafen und fertig.
Zur Nachfeier am Pfingstsonntag sind auch alle Ehemaligen eingeladen.
Da viele von Euch nun sicherlich Megalust haben dort teilzunehmen bleibt noch die Frage wer von Euch dieses denn darf. Man muss
schon Einwohner von Horburg sein oder zumindest sehr eng mit dem Ort verbandelt, um in den Genuss dieses gesellschaftlichen Topereignisses zu kommen. Das Mindestalter beträgt 14 Jahre (Konfirmation).
Ein Höchstalter gibt es eigentlich nicht. Die meisten hören aber auf wenn sie so Mitte 20 sind. 10 Jahre sollen reichen. Wer vorher heiratet ist selber Schuld und darf nicht mehr mitfahren - Strafe
muss sein!
Wir Ehemaligen denken immer gern an die Pfingstochsenzeit zurück. Es ist ein Event, bei dem einmal im Jahr die gesamte Jugend des
Dorfes an einem Strang zieht, etwas für die Dorftradition tut und natürlich zusammen abfeiert. Denn der Spaß soll dabei an erster Stelle stehen.
Ich hoffe, dass sich diese Tradition noch lange fortsetzen wird. Es gab schon Zeiten da haben sich drei Leute aufgemacht um Bäume zu
schlagen. Da war Horburg aber noch nicht so groß und dementsprechend mussten auch weniger
Bäume geschlagen werden. Heutige Tendenzen, nach denen mit Nachbardörfern zusammen gefeiert wird, kann ich persönlich nicht befürworten. Denn wie heißt es in einem alten Pfingstochsenlied:
”Dass wir aus Horburg sind, halli hallo, das weiß ein jedes Kind, halli hallo, wir reißen Bäume aus, halli hallo,
wo keine sind...”
A. Stein
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